1st of August 1976
Attendance 50,000
Referee: Günter Linn
Attendance 50,000
Referee: Günter Linn
Nichts spricht dafür, daß die Schalker an diesem 9. Oktober 1976 die Münchner Tormaschine stoppen könnten. 22 Tore in vier Spielen (9:0 gegen Tennis Borussia Berlin, 6:5 beim VfL Bochum, 4:1 gegen den l.FC Köln und 3:3 bei Borussia Dortmund) lassen Schlimmes für die Westdeutschen fürchten, die auswärts noch immer die »zahmen Kaninchen« sind, wie sie die alte Lästerzunge Max Merkel einmal nannte. Als Gäste haben sie in der Saison 1976/77 noch immer beide Punkte abgegeben. Zudem stehen die Vorzeichen diesmal recht ungünstig. Branko Oblak, beim 0:2 eine Woche zuvor tatkräftigster Schalker im Mittelfeld, wird zum WM-Qualifikationsspiel der Jugoslawen gegen Spanien abgerufen. Die Münchner indes haben noch einen Nationalspieler mehr; Karl-Heinz Rummenigge feierte beim 2:0 gegen Wales ein vielbeklatschtes Länderspieldebüt. Die Lobeshymnen, die Englands Presse Franz Beckenbauer zu seinem Auftritt in Cardiff sang, sind ebenfalls kaum geeignet, Schalkes Aussichten auf ein positives Abschneiden im Olympiastadion zu mehren. Für den »Daily Telegraph« ist er »der Prinz des europäischen Fußballs«. Doch Trainer Friedel Rausch, als Spieler ein Draufgänger, redet seinen Profis Minderwertigkeitskomplexe hartnäckig aus. »Bernd«, so bearbeitet er zum Beispiel den jungen Thiele, »der Rummenigge sieht gegen dich kein Land.« Rausch rennt bei dem Verteidiger ebenso offene Türen ein wie bei Hannes Bongartz, der endlich beweisen will, was er ohne Oblak wert sein kann. Zwischen Bongartz, von den Fans und der Boulevardpresse wegen seines feinglied-rigen Körpers »Spargeltarzan« gerufen, und dem Jugoslawen besteht auf dem Spielfeld nicht das beste Einvernehmen. Die beiden streiten sich verbissen um die Königsrolle im Mittelfeld, die Rausch lieber seinem Landsmann zugestehen möchte.
Manfred Dubski ist vor der Aufgabe, Oblak vertreten zu müssen, nicht weiter bange. Der Dauerreservist weiß, daß er es an Ausdauer durchaus mit dem lauffreudigen Jupp Kapellmann aufnehmen kann, dem er das Stürmen verleidensoll. Die Bayern ihrerseits scheinen nichts Schlimmes zu fürchten. Sepp Maier unterhält sich beim
Aufwärmen mit Kameramännern vom ZDF, die ein Porträt des Nationaltorhüters drehen wollen, und Uli Hoeneß bindet sich auf der Trainerbank gemütlich die Schuhe zu, als Schiedsrichter Linn aus Alten-diez die Mannschaften zur Mitte bittet. Schalke beginnt konzentriert und erschreckt die Zuschauer in der zweiten Minute mit einem Pfostenschuß von Dubski. Bei den Bayern löst das noch keine Unruhe aus, wertet man den Schuß wohl eher als die freche Tat eines jungen Schnösels, dem man bald sein Ungestüm austreiben werde. Aber die Schalker denken nicht daran, den Griff zu lockern, den sie um die reichlich blasiert wirkende Bayern-Abwehr gelegt haben. Die erste Konfusion macht sich bemerkbar: In der zehnten Minute blitzt Sepp Maier den Bayern-Verteidiger Udo Horsmann zornig an. Dieser verletzt ihn unfreiwillig am Unterarm - im Krankenhaus wird beim Sepp später eine Prellung und eine Verstauchung des Fingers festgestellt.
Eine Minute nach diesem Zwischenfall muß Sepp Maier zum erstenmal den Ball aus dem Netz fischen. Klaus Fischer nimmt einen Paß von Herbert Lütkebohmert an, schlägt erst seinem alten Widersacher »Katsche« Schwarzenbeck und dann dem Bayern-Torhüter ein Schnippchen. Als der Ball über die Torlinie kullert, reißt sich Manager Robert Schwan wütend die Pfeife aus dem Gesicht. Franz Beckenbauer »frißt« den Ärger in sich hinein; zu diesem Zeitpunkt ist so ein Gegentor noch korrigierbar. Die ersten Gegenangriffe gehen von ihm aus. Sie machen indes deutlich, daß den Schalkern an diesem Tag mit dem üblichen Hausrezept nur schlecht beizukommen ist. Rolf Rüßmann durchschaut Gerd Müllers Absichten schon im Ansatz. Und Bernd Thiele verhält sich genauso, wie es sich Trainer Rausch erhofft hat: Er holt Neu-Nationalspieler Karl-Heinz Rum-menigge recht unsanft in den rauhen Bundesliga-Alltagzurück. Und da auch Jupp Kapellmann seinen Schatten Dubski nicht los wird sowie Uli Hoeneß den raffinierten Manövern des begabten Jürgen So-bieray ziemlich ausgeliefert ist, kommt der Bayern-Sturm auf keinen grünen Zweig. Schüsse aus großer Distanz pflückt sich Enver Marie im Schalker Tor mühelos wie Früchte von herunterhängenden Zweigen. »Erst einmal heil in die Pause kommen«, drückt das Mienenspiel des Bayern-Trainers Dettmar Gramer mit zunehmender Spieldauer aus. Doch die Schalker tun dem kleinen Fußball-Professor diesen Gefallen nicht. Eine Minute vor dem Halbzeitpfiff köpft Erwin Krcmers eine gefühlvolle Flanke seines Flügel-stürmerkollegen von der anderen Seite, Rüdiger Abramczik, zum 2:0 für die Königsblauen ein.
Auf den Rängen diskutieren die 48000 Zuschauer - unter ihnen Re-al-Star Paul Breitner, der mal schnell aus Madrid an die Isar ge-jettet ist - die Frage, ob die Bayern wohl noch die Wende schaffen. Das blaue Wunder, das die Münchner im zweiten Durchgang erleben sollen, ahnt kaum jemand. Es zeichnet sich freilich recht bald ab. Abramczik, für Josef Weiß ein Buch mit sieben Siegeln, flankt zur Abwechslung einmal flach, und Klaus Fischer, der Naturbursche aus Zwiesel, bedankt sich fürs Zuspiel mit einem Tor aus dem Kuriositätenkabinett: Im Knien nickt er den Ball am armen Sepp Maier vorbei zum 3:0 ins Tor. Schwarzen-beck, vorher von Fischer schwindlig gespielt, bleibt diese Demütigung erspart der »Katsche« ist zur Pause mit einer Muskelverletzung in der Kabine geblieben. Wer glaubt, daß die Schalker nun den Leerlauf oder Rückwärtsgang einlegen werden, irrt gewaltig. Sie schalten vielmehr einen Gang höher und verbreiten Angst und Hektik in den hinteren Reihen der Münchner. Den Stürmern gelingt beinahe al les, Abramczik und Erwin Krcmers provozieren die Frage, wo wohl Helmut Schön seine Augen gehabt hat, als er das Aufgebot für Wales zusammenstellte. Leider humpelt Erwin Kremers in der 51. Minute mit dick geschwollenem Knöchel vom Platz. Seine Verletzung ist typisch für das Duell mit Horsmann, der selten den Ball, dafür um so Öfter das Bein des Schalkers erwischt. »Vielleicht bekommen sie ohne den Erwin einen Knacks oder stekken etwas zurück«, kalkulieren die Bayern. Sie hoffen vergebens. Abramczik gerät immer mehr in den Mittelpunkt des Geschehens. Der junge Mann, von Trainer Max Merkel einst verunsichert, von Rausch moralisch aufgebaut, macht sich einen Spaß daraus, die Münchner Abwehrspieler durch die Bank vorzuführen, um zum Schluß wie ein junges Reh an ihnen vorbeizuhüpfen. Den Nutzen hat Klaus Fischer, der für Schwarzen-beck-Vertrete r Alfred Arbingcr zum Alptraum wird.
In der 64. Minute fällt ein weiteres Tor für die Schalker. Schütze ist diesmal Manfred Dubski, dem Kapellmann nicht mehr folgen kann. Drei Minuten darauf macht Fischer sein drittes Tor, und in der 74. Minute lacht »Flankengott« Abramczik das Schußglück. Ein Zuspiel von Bongartz schließt er zum 6:0 ab. Die Schalker sind aber noch immer nicht zufrieden. Acht Minuten vor Schluß hämmert Fischer den Ball zum 7:0 ins Bayern-Tor. Erst lange nach dem Abpfiff begreifen die Schalker das Ausmaß ihres Erfolges, wie betäubt vor Freude wanken sie vom Platz. Trainer Rausch drückt jeden einzeln an seine Brust. Und genüßlich schießt er Pfeile gegen Max Merkel ab, der einmal gesagt hat, daß zu viele Blonde in der Schalker Mannschaft seien. »Wenn wir auch zu viele Blonde haben, Fußball spielen können sie allemal«, triumphiert Rausch. Gerd Müller, nach der Weltmeisterschaft 1974 aus der National mannschaft abgetreten, setzt sich für Klaus Fischer ein. »Es wird Zeit, daß der DFB die Vergangenheit begräbt«, spielt er auf den Bannstrahl an, der Fischer als Beteiligten am Bundesligaskandal traf. Müllers Appell findet offene Ohren. Im Frühjahr 1977 darf Fischer sein Länderspieldebüt geben. Schalke aber schrammt am Ende der Saison 1976/77 haarscharf am Meisterschaftsgewinn vorbei. Bei einer Niederlage der Gladbacher in München gegen die Bayern wäre Schalke - das die Saison mit einem 4:2-Sieg über Borussia Dortmund beschließt - am VfL Borussia mit der besseren Torquote vorbeigezogen. Die Gladbacher aber holen im Olympiastadion ein 2:2 und werden so zum drittenmal in Folge Deutscher Meister.
FC Bayern: Maier (3) - Horsmann (4), Beckenbauer (3), Schwarzenbeck (4), J. Weiß (5) - Dürnberger (4), Kapellmann (4), Rummenigge (4) - U. Hoeneß (3), Müller (3), Künkel (5). Trener: Cramer
Zmiany: Arbinger (4) (46., za Schwarzenbecka), Seneca (5) (46., za Künkela)
FC Schalke: Maric (2) - Thiele (2), Fichtel (2), Rüssmann (2), Sobieray (2) - Lütkebohmert (2), Dubski (2), Bongartz (1) - Abramczik (1), Fischer (1), E. Kremers (2). Trener: Rausch Zmiany: Gede (3) (51., za E. Kremersa), Brus (81., za Dubskiego)
Zmiany: Arbinger (4) (46., za Schwarzenbecka), Seneca (5) (46., za Künkela)
FC Schalke: Maric (2) - Thiele (2), Fichtel (2), Rüssmann (2), Sobieray (2) - Lütkebohmert (2), Dubski (2), Bongartz (1) - Abramczik (1), Fischer (1), E. Kremers (2). Trener: Rausch Zmiany: Gede (3) (51., za E. Kremersa), Brus (81., za Dubskiego)
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